Wenn es um Solarenergie geht, denken die meisten Menschen sofort an Dachflächen. Kein Wunder: Photovoltaik-Anlagen auf Dächern sind mittlerweile ein vertrauter Anblick. Doch dabei wird oft ein entscheidender Punkt übersehen: Gerade im Winter, wenn unser Energiebedarf für Heizung am höchsten ist, liefern Fassadenflächen oft mehr nutzbare Sonnenenergie als das Dach.
Messwerte aus Bielefeld: Die Heizperiode im Fokus
Für den Standort Bielefeld wurden die Solarstrahlungswerte im Winterhalbjahr (Oktober bis März) berechnet. Dabei ergibt sich ein überraschend klares Bild:
- Dach (horizontal): 237 kWh/m²
- Südfassade (90°): 344 kWh/m²
- Ostfassade (90°): 135 kWh/m²
- Westfassade (90°): 155 kWh/m²
- Addiert man die Fassadenflächen, kommt man auf rund 634 kWh/m² – fast das Dreifache der horizontalen Dachfläche.
Vergleich Dach vs. Fassaden – Solarstrahlung Bielefeld Heizperiode

Abb.: Vergleich der Solarstrahlung in der Heizperiode (Okt–März), Dach vs. Fassadenflächen
Warum die Fassade im Winter dominiert
- Tiefer Sonnenstand: In den Wintermonaten steht die Sonne niedrig. Steile Fassadenflächen fangen diese Strahlen besser ein als flache Dächer.
- Hoher Heizbedarf: Gerade wenn die Energie dringend gebraucht wird, kann die Fassade solare Gewinne direkt ins Gebäude liefern.
- Ganzjährige Nutzung: Während das Dach im Sommer hohe Erträge bringt, ergänzt die Fassade ideal im Winter – eine perfekte Balance.
Konsequenzen für die Energiewende im Gebäudebereich
Wer die Energiewende ernst nimmt, sollte nicht nur in „Dachflächen“ denken. Fassaden sind eine riesige ungenutzte Ressource, die genau dann Energie liefert, wenn sie am meisten gebraucht wird. Ob für Photovoltaik, Solarthermie oder dynamischen Wärmeschutz – die Fassade ist ein zentraler Baustein für klimaneutrale Gebäude.
Fazit
Die Fassade ist mehr als nur die Hülle eines Gebäudes. Sie ist ein aktiver Energiesammler, der im Winterhalbjahr weit mehr leistet als das Dach. Wer Gebäude zukunftsfähig plant oder saniert, sollte daher Dach und Fassade gemeinsam in die Energiekonzepte einbeziehen.
Wie Sie die Werte für Ihr eigenes Haus ermitteln können
Mit dem Online-Tool PVGIS der EU-Kommission lässt sich die solare Einstrahlung für jeden Standort und jede Ausrichtung individuell berechnen. Geben Sie einfach Ihre Adresse, Neigung (z. B. 90° für Fassaden) und Himmelsrichtung an – und Sie erhalten präzise Monats- und Jahreswerte.
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